Depressionen
Obwohl man bei Depressionen bereits von einer Volkskrankheit spricht, werden zunächst oft nur die psychosomatischen Symptome behandelt. Jede zweite Depression wird vom Hausarzt übersehen. Nur 10 Prozent der Patienten erhalten eine Therapie, die dem Stand der Forschung entspricht. Aber auch hier gilt: Je früher die Diagnose, desto früher die Therapie, desto besser für die Heilung. Depressionen gehen wie kaum eine andere Erkrankung mit hohem Leidensdruck einher, da diese Erkrankung ins Zentrum des Wohlbefindens und der Lebensqualität zielt. Von einer Patientin wurde dies in folgende Worte gefasst:"Während meiner schweren körperlichen Erkrankungen wollte ich Hilfe und hatte Hoffnung, während der Depression wollte ich nur noch sterben."
Fast 10.000 Menschen nehmen sich jedes Jahr in Deutschland das Leben. Das sind deutlich mehr als durch Verkehrsunfälle, Drogenmissbrauch, Gewaltverbrechen und Aids zusammen sterben. 90 Prozent aller Suizide (Selbsttötungen) stehen in Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung, meist einer Depression.
Und die bittere Erkenntnis nach einem langen Leidensweg:
Schleppt man seine Depression seit der Kindheit mit sich herum, dann wird es über kurz oder lang eine chronische Depression. Durch den Dauerstressmodus seit der
Kindheit über Jahrzehnte hinweg werden die Gehirnzellen soweit beeinträchtigt, dass eine ausreichende Produktion der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin nicht mehr möglich ist. Ist
dieser Prozess zu weit fortgeschritten, können selbst moderne Antidepressiva im besten Fall nur noch für eine gewisse Linderung sorgen.
Viele Therapieoptionen sind dann nur noch Schall und Rauch.
Etwa 1 Mio. Menschen in Deutschland leiden an einer chronischen Depression. Die Hälfte davon sind Frührentner oder arbeitslos (Hartz 4). Die
damit verbundene Hoffnungslosigkeit sowie die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und die damit einhergehende Scham der Erkrankten sind die Hauptgründe für Suizid. Danach wird zwar über die
Erkrankung gesprochen, aber leider fast nie über die Ursachen der Erkrankung. Über die eigene psychische Erkrankung und deren Ursachen zu sprechen gleicht in unserer Gesellschaft immer noch einem
doppelten Tabubruch. Diese Tabus zu brechen ist zwar ein Wagnis, aber es kann auch ein Chance sein. Es ist aber besser wir sprechen vorher darüber, denn danach tun es nur noch die
Anderen!
Bei 75% der Patienten setzt die Krankheit vor dem zwanzigsten Lebensjahr ein. Die Ursachen sind traumatische Kindheitserlebnisse und/oder sexueller, körperlicher oder psychischer Missbrauch. Die in der Kindheit erlebte Hilflosigkeit und Ohnmacht führt im weiteren Verlauf zu Depressionen mit den Kernsymptomen:
- Hoffnungslosigkeit
- Niedergeschlagenheit
- Libidoverlust
- Antriebslosigkeit
- Fehlende Lebensfreude
- Innere Leere und Traurigkeit
- Schuldgefühle und Selbstanklagen
- Körperliche Beschwerden und Mißbefinden
Vor dem Hintergrund dieser Symptome ist eine positive Lebensgestaltung sehr schwierig.
Soziale Kontakte, sportliche Aktivitäten und Hobbys bleiben als erstes auf der Strecke. Im weiteren Verlauf konzentriert man sich auf seine berufliche Existenz. Denn der Arbeitsplatzverlust wäre nicht nur finanziell sondern vor allem auch eine emotionale Katastrophe. Private Verpflichtungen und Aufgaben schiebt man vor sich her. Dies führt zu einer sich anhäufenden Unterversorgungslage, welche nur noch im Urlaub mühevoll abgearbeitet werden kann. Insofern erübrigt sich eine Urlaubsplanung. Das Aufrechterhalten sozialer Kontakte gestaltet sich immer schwieriger. Einerseits will man nicht den (traurigen) Clown spielen, andererseits kann man seinen Bekannten auch nicht ständig die Ohren volljammern.
Daraus ergibt sich ein schleichender Prozess in die soziale Isolation.